Negativzinsen stoßen in der Praxis auf erhebliche Probleme bei der Umsetzung. Das Heilmittel der Banken – und wohl bald auch Emittenten anderer Branchen – im Euroraum gegen negative Kupons bei ihren variabel verzinslichen Anleihen lautet: Lass den Investor im Voraus mehr bezahlen. Über diesen Trend berichtet Bloomberg.

Aufschlag bei Emission löst viele administrativen Probleme

Die Schuldner verlangen von ihren Gläubigern im Voraus mehr Geld, damit der Kupon der Anleihe über null bleibt und zeitraubende Diskussionen mit den Investoren darüber, was passiert, wenn die Anleihezinsen negativ werden, vermieden werden können. Euro-Benchmark-Sätze wie der Euribor sind in diesem Jahr erstmals unter null gesunken. Grund für diese Marktverzerrung sind die beispiellosen geldpolitischen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank zur Ankurbelung der Konjunktur.

„Negative Kupons sorgen für Kopfschmerzen der verschiedensten Art. Ein Aufschlag ist ein sehr einfacher Weg, all dem aus dem Weg zu gehen“, sagt Kimmy Samuelsson, Leiter Langfristfinanzierung bei Swedbank in Stockholm. Es sei praktisch nicht umzusetzen und rechtlich fragwürdig für einen Schuldner, eine Kuponzahlung von einem Investor zu verlangen. Daher seien ein Zinsaufschlag von etwa 50 Basispunkten und ein Ausgabekurs über pari als Ausgleich für den höheren Kupon eine elegante Lösung des Problems.

„Die Marktteilnehmer reagieren kreativ auf Herausforderungen“, sagte Suzy Margretts, Leitende Direktorin mittelfristige Emissionen bei Lloyds in London. Eine Emission über pari sei eine Lösung, die einer Reihe von Emittenten und Investoren gleichermaßen entgegenkomme. „Gleichwohl, wir haben Neuland betreten und es könnte weitere neue Ideen geben“, fügte sie an.

Namhafte Beispiele

Die Banken haben dieses Jahr variabel verzinsliche Anleihen oder Floating Rate Notes im Volumen von 5,1 Milliarden Euro mit einem Kurs über pari an den Markt gebracht. Das ist laut Bloomberg das höchste Volumen seit der ersten Jahreshälfte 2011. ING Groep und Lloyds Banking Group zählten zu den Emittenten, die allein im Mai 2,5 Milliarden Euro an derartigen Papieren auflegten.

Die niederländische ING hat am 29. Mai die bisher größte FLRN-Emission über pari ausgegeben. Der Ausgabekurs der zweijährigen Papiere im Volumen von 1,33 Milliarden Euro betrug 101 Cent je Euro Nominalwert. Der Kupon für die Investoren lag bei 65,5 Basispunkten über Euribor, was einer Prämie von rund 50 Basispunkten entsprach, wie Bas Iserief, Leiter Langfristfinanzierung und Investments, sagte. „Wir glauben nicht, dass wir zu negativen 66 Basispunkten kommen werden – höchstens in einer Art Weltuntergangsszenario.“

Die zweijährige variabel verzinsliche Anleihe über 600 Millionen Euro von Lloyds kam laut Bloomberg-Daten mit einem Kurs von 101 Cent je Euro Nominalwert an den Markt und bot einen Zinsaufschlag von 66 Basispunkte über Euribor.

Bei ihrer im März emittierten dreijährigen Anleihe im Volumen von 250 Millionen Euro setzte Swedbank den Ausgabekurs auf 101,5 Cent je Euro Nominalwert fest. Das sind 1,5 Cent mehr, als der Investor bei Fälligkeit zurückerhält. Zum Ausgleich erhöhte die Bank den variablen Kupon. Er wurde auf 68 Basispunkte über dem Dreimonats-Euro-Interbankensatz Euribor festgesetzt und liegt damit 50 Basispunkte über dem, was die Bank in dem Laufzeitenbereich normalerweise zahlen müsste, wie Samuelsson erläuterte. (aa)

Quelle: institutional money

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